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"Man feiert den Niedergang des Kommunismus als Erfolg. Tatsächlich ist aber auch das Ende
des Kapitalismus eingeläutet. ... Die Informationsgesellschaft spielt ... eine hemmende Rolle.
Sie macht den Bürger nicht frei, sondern sie entmündigt ihn - ... indem man ihn in Informationen ertränkt.
... Zuviel Information lähmt den Menschen."


Prof. Dr. Hans-Peter Dürr (Quantenphysiker und Philosoph) im Interview mit FREIE PRESSE (Chemnitz) vom 17.05.1996

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Innerhalb einer historisch sehr kurzen Zeitspanne ist es dem Menschen gelungen, sich in Gestalt der modernen IT ein mächtiges, überaus vielseitig einsetzbares Werkzeug mit früher unvorstellbaren Möglichkeiten zu schaffen. Personen aller Altersgruppen, sozialen Schichten und Bildungsniveaus bedienen sich heute dieses Equipments auf die eine oder andere Weise. Allerdings ist nur ein Bruchteil der Nutzer für die hochgradige Komplexität, Störanfälligkeit und Kurzlebigkeit (*) dieser Technik hinreichend sensibilisiert, um daraus Verhaltensweisen für den sachgerechten Umgang mit ihr ableiten sowie Vorkehrungen zur Risikominimierung im Fehlerfall treffen zu können. Dementsprechend groß ist das Geschrei bei Störungen und Systemausfällen. In diesem Zusammenhang sind die Worte Albert Einsteins, gesprochen anlässlich der Eröffnung der Berliner Funkausstellung 1930, aktueller denn je:

"Sollen sich auch alle schämen, die gedankenlos sich der Wunder der Wissenschaft und Technik bedienen und nicht mehr davon geistig erfasst haben als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst."

Doch selbst im Optimalfall bezüglich Anwendungsverhalten und Datensicherung sind die an einem konkreten Typus von Computersystemen erbrachten Installations-, Konfigurations- und Programmierleistungen einschließlich der dabei erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen meist nur kurze Zeit nutzbar, gemessen an der durchschnittlichen Lebenserwartung des Menschen. Rasante Innovationszyklen der Hard- und Software stehen oftmals nicht im Einklang mit Portierbarkeit und Kontinuität. Die Situation ähnelt der eines Bildhauers, welcher seine Skulpturen aus Eis formt anstatt aus Stein. Spätestens am Ende des Winters schmelzen seine Werke dahin und die Arbeit muss in der nächsten Saison von vorn beginnen. Förderung der Wegwerfmentalität statt Bewahrung - in meinen Augen frustrierend. Hier könnte man sich die Naturwissenschaften zum Vorbild nehmen, wo neue Theoriegebäude stets die experimentell hinreichend bestätigten, in der praktischen Anwendung bewährten vorherigen Theorien mit enthalten müssen. Um bei Einstein zu bleiben: seine Allgemeine Relativitätstheorie etwa beinhaltet bekanntlich die Newton'sche Gravitationstheorie als Grenzfall für schwache Schwerefelder und die speziell-relativistische Lorentz-Transformation führt bei kleinen Geschwindigkeiten (in Relation zu der des Lichtes) auf die Galilei-Transformation, sprich die Newton'sche Mechanik unserer Alltagserfahrung. (**)

Freilich richtet sich die oben angedeutete Kritik bezüglich des Nutzungsverhaltens in erster Linie an die privaten Anwender. Respekt gebührt all denjenigen unter uns, welche die Sachlage erkannt und sich entschlossen haben, die private Computernutzung auf ein Minimum zu beschränken bzw. gänzlich darauf zu verzichten, anstatt nur deren Vorzüge geniesen zu wollen, bei Problemen jedoch ihre Mitmenschen zu belästigen.

Differenzierter zu betrachten ist die Angelegenheit hingegen im beruflichen Umfeld. Hier hängt es wesentlich von der Tätigkeit der/des Einzelnen und ihrer/seiner Stellung in der Hierarchie einer Organisation ab, ob und inwieweit Entscheidungsspielraum gegeben bzw. aktive Einflußnahme hinsichtlich Art und Umfang der IT-Nutzung möglich ist. Nicht selten erwächst aus unterschiedlichen Auffassungen betreffs dieser Fragen ein Konfliktpotenzial innerhalb sozialer Strukturen.

Die menschliche Gesellschaft als Ganzes sollte die IT als wertvolle Ergänzung konventioneller Arbeitsmittel und -methoden begreifen, nicht als Ablösung bzw. Ersatz derselben. Verbaut man sich die Option der Rückkehr zur (bzw. der parallelen Verwendung der) herkömmlichen Arbeitsweise vollständig, wie dies leider in vielen Bereichen zu beobachten ist, so kann das unvermittelt zu einem flächendeckenden infrastrukturellen Kollaps mit katastrophalen Auswirkungen führen, ohne an dieser Stelle über denkbare initiale Ursachen eines solchen Zusammenbruchs spekulieren zu wollen.

(*) Störanfälligkeit und Kurzlebigkeit (in diesem Kontext spielt auch der treffend gewählte Begriff "digitales Alzheimersyndrom" als Umschreibung für Datenverlust / Datenverfälschung eine wesentliche Rolle) haben einerseits vom Menschen selbst initiierte Ursachen (marktorientierter Veränderungsfetischismus, d.h. aus Profitinteresse bewußt geförderte Obsoleszenz; Softwarefehler; kriminelle Machenschaften etc.), sind andererseits aber auch - bezogen auf das konkrete Hardwaresystem - physikalisch determiniert. Letzteres resultiert aus dem niederentropischen Arbeitszustand dieser technischen Systeme. Das hat deren starkes Bestreben nach Entropiezuwachs entsprechend dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik zur Folge, also die Einnahme von Stati signifikant größerer Phasenraumvolumina. Bekanntermaßen muss bei Computertechnik vom Notebook bis zum Großrechenzentrum beispielsweise stets dafür Sorge getragen werden, dass die generierte Verlustwärme in ausreichendem Maße abgeführt wird. Diese Wärme repräsentiert nichts anderes als einen wesentlichen Teil der permanent entstehenden Entropie. Siehe hierzu auch Penrose, R.: Computerdenken - die Debatte um künstliche Intelligenz, Bewußtsein und die Gesetze der Physik. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg und Berlin, 2002.

Ein interessanter Artikel ist hier zu finden: http://www.spektrum.de/alias/datenspeicher/digitales-gedaechtnis-fuer-die-ewigkeit/1219421

(**) Mit dem "Windows-XP-Mode" als nachinstallierbarer Bestandteil des Betriebssystems "Windows 7 Professional" hatte die Firma Microsoft einen Schritt in die richtige Richtung vollzogen, um den geschilderten Gedanken in die Tat umzusetzen. Allerdings war das offenbar nur ein singulärer Ansatz, denn aktuell (Stand Anfang 2014) gehen alle Aktivitäten dahin, das langjährig bewährte Betriebssystem "Windows XP" endgültig zu eliminieren. Mehr noch: Aus Profitinteresse tendiert man dazu, die dem Anwender gegebenen Freiheitsgrade bei der Auswahl, Installation und Nutzung von Software immer mehr zu reduzieren, etwa in Gestalt der Lizenzierungspraxis bzw. indem bestimmte Komponenten eine (ständige) Online-Verbindung voraussetzen (Arbeit in der "Cloud"). Damit hat man auch ungeahnte Optionen zur permanenten Überwachung und Bespitzelung geschaffen.

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Leserzuschrift zur Themenseite "Mensch - Maschine - Zukunft?" in der Tageszeitung FREIE PRESSE (Chemnitz) vom 07.05.2010

  

 

Leserzuschrift in der Tageszeitung FREIE PRESSE (Chemnitz) vom 15.05.2013

 

"Bier und Wein sind Teil unserer Kultur. Müssen wir deshalb Kindern schon den kritischen Umgang damit beibringen? Gehören sie deshalb in den Kindergarten?"

(Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer, Neurowissenschaftler und Psychiater, Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik Ulm und Leiter des Transferzentrums für Neurowissenschaften und Lernen. Zitiert nach: FREIE PRESSE, Chemnitz, vom 25. März 2014 mit Blick auf die negativen hirnphysiologischen Auswirkungen des übertriebenen Gebrauchs digitaler Medien durch Kinder und Jugendliche inkl. des massenhaften Einsatzes derselben in Bildungseinrichtungen.)

Literaturempfehlungen:

(1) Spitzer. M.: Digitale Demenz. Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen. Droemer Knaur Verlag, München 2012. ISBN 978-3-426-30056-5

(2) Spitzer, M.: Cyberkrank! Wie das digitalisierte Leben unsere Gesundheit ruiniert. Droemer Knaur Verlag, München 2015. ISBN 978-3-426-27608-2